René Schwarz, Gründer von FinnTouch (bei Frankfurt)

 

Eine kurze Vorstellung:

Ich bin René, 1982 als Sohn eines Deutschen und einer Finnin in Berlin geboren und zweisprachig aufgewachsen. Seit vielen Jahren wohne ich im Rhein-Main-Gebiet, in der Nähe von Frankfurt. Ich bin verheiratet und habe einen kleinen Sohn. Seit knapp elf Jahren bin ich komplett selbstständig. Ich arbeite als Texter und Übersetzer mit verschiedenen Unternehmen zusammen.

2016 gründete ich den großen deutschsprachigen Finnlandblog FinnTouch, was sich als eine der besten Entscheidungen meines Lebens herausstellte. Wir haben dort eine richtig geniale Community aufgebaut, die uns unter anderem auch bei Facebook und Instagram begeistert folgt. Ich möchte den Menschen mein zweites Heimatland auf eine authentische, persönliche Weise näherbringen. So gibt es bei FinnTouch nicht nur Reisetipps und schöne Finnlandbilder, sondern auch spannenden Content rund um Themen wie Musik, Kultur, Sport oder Kulinarik.

Wir arbeiten mit einigen renommierten finnischen Unternehmen zusammen und gerade erst habe ich zwei weitere Meilensteine offiziell vorstellen dürfen. Zum einen erscheint dieses Jahr mein erstes eigenes Buch „Glücksorte in Helsinki“, zum anderen machen wir Ende November erstmals eine Art Leserreise in die finnische Hauptstadt, zusammen mit dem großen Finnlandveranstalter fintouring.

 

Worin lag / liegt  für Dich die Herausforderung, die durch die Pandemie entstand?

Die größte Herausforderung lag darin, dass von einem auf den anderen Tag das Reisen nach Finnland für die meisten nicht mehr möglich war. Wann würde es wieder „normal“ sein? Haben die Leute unter solchen Umständen überhaupt Lust darauf, sich schöne Bildchen aus Finnland anzuschauen oder zieht sie das nur noch zusätzlich runter? Werden meine Seitenaufrufe auf dem Blog jetzt völlig zusammenbrechen, wie es bei vielen Reisebloggerkollegen dann tatsächlich der Fall war? Es waren einige Fragen, die mir durch den Kopf schossen und für ein paar Tage eine ziemliche Schockstarre verursachten.

 

Wie hast Du es geschafft, diese schwere Zeit bis jetzt zu überstehen?

Indem ich versuchte, das ganze Geschehen da draußen so weit es möglich war auszublenden, während ich gleichzeitig nach kreativen Lösungen suchte, die zu den aktuellen Gegebenheiten passten. So entstand recht schnell die Idee zu meinem neuen Format „Kalsarikännit“, das ebenso zeitnah auch konkret umgesetzt wurde. „Kalsarikännit“ ist das finnische Wort für „sich alleine zu Hause in Unterhose betrinken“. Unsere Umsetzung dessen war ein wenig abgewandelt und mit einem Augenzwinkern zu sehen. In Zusammenarbeit mit meiner engen Geschäftspartnerin Mari Raatikainen vom Onlineshop Little Finland stellte ich ein Tasting-Paket mit finnischen Getränken zusammen, das die Menschen dort bestellen konnten. An einem festgelegten Termin setzte ich mich dann in meinem Homeoffice vor die Kamera und übertrug dies per Facebook-Livestream in die Wohnzimmer der Leute. Wir verköstigten gemeinsam die gleichen Getränke, tauschten uns über den Livechat aus und trotz „Social Distancing“ hatten wir direkt ein geniales Gemeinschaftsgefühl. Also machten wir weiter damit, ab Episode 3 stieß meine liebe Co-Bloggerin Tanja Frisch noch mit dazu, die die Streamingshow seitdem gemeinsam mit mir präsentiert. Bis heute haben wir elf Kalsarikännit-Episoden gemacht, hinzu kamen noch weitere Live-Formate wie der Soundcheck zusammen mit Laura und Mikko von der finnischen Vintage-Tango-Band UUSIKUU oder Liveübertragungen aus Helsinki, Tampere und einer Huskytour in Finnisch-Lappland.

Diese Angebote wurden super angenommen und es zeigte mir, dass man immer offen für Neues sein und innovative Konzepte entwickeln muss. Ich habe mich im vergangenen Jahr voller Enthusiasmus in all diese Projekte gestürzt, da blieb gar nicht so viel Zeit, um sich Sorgen und Gedanken zu machen über die allgemeine Weltsituation. Obwohl es zwischendurch natürlich auch mal solche Momente gab. Aber grundsätzlich bin ich einfach froh und dankbar, dass mich und meine Familie diese Pandemie bislang weder gesundheitlich noch finanziell betroffen hat. Ich weiß, dass es vielen leider anders geht.

 

Was würdest Du anderen mit auf den Weg geben?

Am Wichtigsten finde ich, dass man sich so gut wie möglich auf sich selbst fokussiert. Was kann ich selbst aus eigener Kraft erreichen? Wo könnten sich vielleicht durch eine veränderte Situation ganz neue Möglichkeiten ergeben? Und dann einfach MACHEN. Viele träumen ja von allem Möglichen, aber trauen sich dann nie, es umzusetzen. Auch bei mir hat es gedauert, bis ich in der Lage war, das so konsequent durchzuziehen. Aber ich kann nur sagen, es lohnt sich. Ich fände es begrüßenswert, wenn noch mehr Menschen Eigeninitiative zeigen und etwas Eigenes entwickeln würden, anstatt gleich nach dem Staat zu rufen. Auch ich rege mich bisweilen über die Politik auf, aber es bringt halt wenig, sich den ganzen Tag über andere zu ärgern. Deshalb habe ich für mich auch entschieden, den Konsum von Nachrichten und Medien stark zurückzufahren. In dieser Zeit möchte ich lieber selber aktiv etwas Positives gestalten. Es mag abgedroschen klingen, aber in jeder Krise liegen auch irgendwo Chancen verborgen. Man muss sie nur erkennen.

 

Wann und wo war Dein letzter richtiger Glücksmoment?

Ein gleich über mehrere Stunden anhaltender Glücksmoment war der „Suomi Disco“-Livestream, den ich anlässlich unseres fünfjährigen Bloggeburtstags hier aus dem Home-Studio sendete. Bis um fünf Uhr morgens legte ich bunt gemischte Musik aus Finnland auf und augenscheinlich schien das auch den anwesenden Followern Freude zu bereiten, wollten einige doch gar nicht ins Bett gehen… geteilte Glücksmomente sind doch immer die schönsten!

Ansonsten könnte ich hier jetzt noch einiges aufzählen, von der Vorstellung meines Buchcovers bis hin zur Confirmation von tollen Kooperationen. Aber es müssen nicht immer die ganz großen Dinger sein, die für Glück und Zufriedenheit sorgen. Eine unverhoffte WhatsApp-Nachricht einer alten Freundin, gemeinsames Lachen mit meinem kleinen Sohn oder ein schöner Sonnenuntergang – das sind die Glücksmomente inmitten des Alltags, die uns auch in Zeiten des Lockdowns ein Lächeln auf die Lippen zaubern und Kraft geben können für zukünftige Herausforderungen.